GAULT & MILLAU Deutschland 2012

Sind es die paar Tage, die der Michelin früher erscheint als der Gault/Millau, die dem Guide Rouge die gewohnt größere Aufmerksamkeit garantieren? Oder ist es, weil die Profis in der Gastronomie, also die Köche, lieber drei Sterne haben als vier Hauben? Fragt man sie direkt, geben sie unumwunden zu, dass ein Stern im Michelin ihnen weitaus wichtiger sei als die entsprechenden 15 Punkte im G/M.

In der Praxis unterscheiden sich die beiden Restaurantführer nur wenig. Vor allem bei der Einschätzung unserer Spitzenköche sind sie sich weitgehend einig, daran erkennt man die jahrelange professionelle Beschäftigung mit dem Kochen als einer Kunstform. Wenn doch einmal bei der Beurteilung unseres Formel-1-Teams krasse Divergenzen ins Auge fallen, dann spielt dabei oft der Konkurrenzkampf eine Rolle. Wie sonst soll man auffallen beim Publikum? Das erinnert dann an die Mütter von Penzlauer Berg, die ihren Sozialstatus durch die Größe ihrer Kinderwagen demonstrieren.

In der aktuellen Ausgaben ist dies das Restaurant „Bareiss“, welches von G/M mit 18 von 19,5 Punkten geführt wird und damit zwar immer noch in einer honorigen Kategorie, wo beispielsweise auch Albert Bouleys „Waldhorn“ in Ravensburg eingeordnet ist, welches dem Michelin merkwürdigerweise nicht das geringste Kompliment wert ist.

Dann ist im Gault/Millau noch die Riege der „Besten des Jahres“, sie reicht vom Küchenteam im „Essigbrätlei“ in Nürnberg bis zur „Cigar Lounge des Jahres in Mühlheim an der Mosel“, was dem Berliner Zigarrenfreund logistische Probleme bereiten dürfte. Und natürlich die zum Teil endlos langen Beschreibungen der Küche und Ihrer Produkte. Sie machen den Band fast doppelt so dick wie den Michelin, was sich jedoch durch die unterschiedliche Papierqualität erklärt. Die unterschiedliche Beschreibungsqualität ist vielleicht der Grund, dass der stattliche und informative Band nicht die Auflagenhöhe erreicht, die ihm als zweitwichtigstem deutschen Restaurantführer gebührt.

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