Habe ich schon von den Wonnen geschwärmt, die das Blättern in alten Kochbüchern auszulösen vermag? Ich meine damit keine Folianten aus dem Mittelalter mit angekohlten Holzschnitten, die für spezialisierte Sammler die Erfüllung ihrer Träume sein mögen. Sondern modern gedruckte Bücher aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, deren Rezepte ein bißchen altmodisch sind, aber durchaus neugierig machen. Wie der „Große Pellaprat“ aus der 1. Hälfte des vorigen Jahrhunderts; der „Silberne Löffel“ über die Italienische Küche oder das „Französische Kochbuch von Raymond Oliver.“
Letzterer war Besitzer und Küchenchef des grandiosen Grand Vefours in den edlen Arkaden des Palais Royal. Colette und Cocteau wohnten praktisch im selben Haus , wo schon Heine schmauste und Blücher seinen Sold aufs Spiel setzte.
Zu den Stammgästen gehörten viele Mitglieder der vornehmen Gesellschaft. Einigen Damen seiner Klientel schmeichelte der Prominenten-Koch, indem er ganzseitige Fotos ihrer Festtafeln in sein Buch übernahm. Da sieht man, in welcher Umgebung Louise de Vilmorin oder Madame Nicole Mourlot ihre feinen Gäste bewirteten. Auch Alix de Rothschild ist dabei (falls Sie die anderen nicht kennen). Und was entdecken unsere neugierigen Augen zwischen den vielen Kerzen, dem blitzenden Silber, dem Porzellankitsch? Wir sehen und staunen angesichts der zierlichen Tellerchen, in denen griffbereit Zigaretten liegen, dass die Damen und Herren offenbar nichts dabei fanden, während des Essens zu rauchen.
Das waren noch Zeiten, in denen Toleranz ebenso selbstverständlich war wie das Fehlen von Hypochondrie.
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Vertragen sich Feinschmeckerei und Rauchen?
Vor dem Essen und während des Essens zu rauchen, ist barbarisch. Man stört nicht nur den eigenen Geschmack, verdirbt sich nicht nur selbst Mund und Nase, sondern man blästigt auch noch die anderen.
Erst wenn das Menü zu Ende ist, kommt die Zeit zu rauchen. Doch nicht irgend etwas, sondern eine echte Havanna, die einzige würdige Begleiterin des Gourmets.
Der Feinschmecker ist weder süchtig noch Kettenraucher Er hält Maß, beim Essen, Trinken und beim Rauchen. Nicht auf die Menge kommt es an, sondern auf die Qualität.
Die Havanna ist die Geliebte des Gourmets. Wer gut und kennerisch mit einer edlen Zigarre umgeht, wird es auch mit seiner Geliebten tun – nachher, oder!
Der legendäre, 1955 verstorbene Fernand Point, laut Joseph Wechsberg („Forelle blau und schwarze Trüffel“, wohl auch ein Lieblingsbuch unseres geschätzten W.S.) der beste Koch der alten Zeit missbilligte Rauchen zwischen den Gängen als Akt der Unkultur, verweigerte Reservierungen von Personen, die dafür bekannt waren, oder ließ zwischen den Gängen rauchenden Gästen vorzeitig die Rechnung bringen. Er war gewiss kein Hypochonder (dazu soll er allein schon zu viel Champagner getrunken haben) oder Genüssen gegenüber intolerant, wollte aber, dass die sensorischen Fähigkeiten der Gäste sich optimal entfalten können. Aus dem gleichen Grund ist ja auch Husten, Räuspern, Rascheln & Co während klassischer Konzerte unerwünscht.
Point, dessen künstlerisches Selbstbewusstsein anscheinend fast so ausgeprägt war wie dasjenige Beethovens, war es auch egal, wenn es „Promis“ waren, die rauchten, wie er wohl Prominenz an sich gleichgültig genübergestanden sein muss. (So bei einer Reservierung zu einem bekannten Politiker: „Würden Sie mir Ihren Namen noch einmal wiederholen?“ Dieser in seiner Verzweiflung murmelnd, dass ihn der Aga Khan empfohlen habe. „Und wer ist der Aga Khan, wenn ich fragen darf?“. – Zitiert nach Wechsberg.)
Nach dem Essen allerdings zu Kaffee/Cognac etc. stand ausgiebigem Tabakgenuss für Point nichts im Wege. Er hätte es sicherlich als unwürdig empfunden, hierfür vor die Haustür gehen zu müssen.