BREZLN VON DRÜBEN

Frau HoffmannGibt es einen besseren Koch als Ferran Adrià? Natürlich gibt es ihn. Wie er zur Zeit heißt, ist leicht zu erfahren. Man muss nur in den Gourmetzeitschriften die Rankings nachsehen, wer an erster Stelle liegt, wer an zweiter, da wird man genauestens informiert. Oder auch nicht. So meldete der Deutschlandfunk aus Madrid, dass dort Ferran Adrià anlässlich einer Ausstellung hinter die Kulissen seiner Molekular-Küche blicken ließ (ohne ihn ausdrücklich als Weltmeister zu nennen; so vorsichtig war er schon, der Kollege aus Madrid.) Was er von der Kochkunst verstand – nämlich nichts – gab er durch einen Nebensatz über Bocuse zu erkennen, von dem er behauptete, dass er die Nouvelle Cuisine erfunden habe.
Genau so gut hätte er schreiben können, dass Leonardo die erste deutsche Eisenbahn erfunden hat. Bocuse hat allerlei erfunden, zum Beispiel die stark getrüffelte Bouillon V.G.E. unter dem Blätterteigdeckel, als Dank für den damaligen französischen Staatspräsidenten Valerie Giscard d’Estaing, der ihm einen hohen Orden verliehen hatte.
Aber mit der Nouvelle Cuisine hatte er nichts am Hut, die haben ihm meine Kollegen angehängt, welche auch sein Restaurant bei Lyon nicht kannten und von ihm nur wussten, dass er ein moderner Koch war.
Ich will damit nur sagen, dass zu viele Ranglisten veröffentlicht werden, die man besser nicht beachtet. Es könnte sonst passieren, dass ein Brezlbäcker aus Saale-Unstruth zum Starkoch ernannt wird oder ein deutscher Kardinal zum Papst

4 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Dieter |

    Dieter |
    12. Oktober 2014 um 12:24

    Die Mehrzahl derer, die über die “Nouvelle Cuisine” geschrieben haben, hätten lieber auf den Senf pfeifen sollen, den sie ihren Lesern auftischten.
    Da wurden immer wieder die gleichen Behauptungen aufgestellt, nach denen die Neue Küche nur mit Dampf und Wasser gare, Sahne und Butter verteufele und aus winzigen Portionen bestehe.
    Da wurde von Pürees, von Babynahrung und von rohen Gemüsen gesprochen, als wäre die Neue Küche eine Art Diät.
    Das Trallala über die “Nouvelle Cuisine” – war das größte Mißverständnis aller Küchenzeiten!
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  2. Thomas |

    Die Beschäftigung von Ferran Adrià mit den biochemischen, physikalischen und chemischen Prozessen die bei der Zubereitung von Speisen ablaufen ist per se löblich. Sie macht den Menschen, Genießer und Koch sicher nicht dümmer. Aber das Verkaufen von all diesen Dingen, bei deren Nennung auf Tüten und Inhaltslisten wir uns angewidert abwenden und die exzessive Verwendung derer als die moderne Küche schlechthin anzupreisen ist töricht. Ich muss nicht alles „dekonstruieren“ um es neu zu erfinden.
    Die Angestellten im el bulli bekamen aber Gotte sei Dank auch anständiges Essen (http://schmackofatz.biz/2012/05/20/lachs-auf-linsen-sehr-lecker/).
    Zu den Ranglisten: Ich lese sie gar nicht mehr. Belanglos. Beliebig und abgeschrieben. Ich lebe meinen Geschmack. Das ist meine einzige Rangliste-

    • Dieter |

      Das Überwiegen der Gefälligkeitsberichterstattung im gastronomischen Bereich hängt automatisch mit der Finanzierungsfrage zusammen: Kritiker, die gezwungen sind, sich einladen zu lassen, können nicht unabhängig urteilen. So ist denn die unbestechliche, unabhängige Restaurant-Kritik, von eiem kompetenten Journalisten mit großer Erfahrung ausgeübt, immer noch die seltene Ausnahme. Dieser Mangel an unabhängige Restaurantkritik war und ist für die Gastronomen eine höchst erfreuliche Sache.
      Wo immer Restaurant-Führer erschienen, wurde immer nur gelobt und positiv gewertet.Es gab nur hervorragende Restaurants in einer überwältigen großer Zahl.
      Jeder Fachmann weiß, daß es so viele Tempel der Feinschmeckerei nicht geben kann.

  3. Dieter |

    Der berühmte Fernand Point sank mit 55 Jahren übergewichtig ins Grab.
    Er hatte zeitlebens unnmäßig und zu schwer gegessen und viel zu viel getrunken, ohne die geringste Rücksicht auf Herz, Kreislauf und Leber genommen zu haben.
    Seine Lebenserwartung wäre gewiß 20 Jahre länger gewesen, hätte er nach den Prinzipien der Neuen Küche gelebt – und er hätte zweifellos sein Leben ebenso gut genießen können wie mit Überernährung und zuviel Alkohol.
    Zum Glück produziert eine gesunde Nahrung einen belastbaren Körper, und zum Glück tut eine feinschmeckerische Ernährung der Seele gut. Beides zu vereinen, sollte Ziel eines guten Kochs sein, ebenso wie das Bemühen jeder Hausfrau/mann in der privaten Küche. Die Nouvelle Cuisine war und ist der erste Versuch, die gesunde mit der Feinschmecker-Küche zu verbinden.
    Einige Esel schreiben seit Jahren hartnäckig dagegen an!

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