AMI-TO-GO

Frau HoffmannEs war kein geringerer als ein amerikanischer Präsident, also der mächtigste Mann der damaligen Welt (Nixon?, Car­ter? Clinton?), der mir als erster das hässliche Amerika vor Augen führte: Er trank Kaffee aus einem Pappbecher.
Ich war so schockiert, als habe ich mit ansehen müssen, wie ein Springpferd sich beide Beine bricht. Kaffee aus dem Pappbecher! Genauso gut hätte er Coca Cola zum Rehrücken trinken können.
Jetzt las ich in der Zeitung, dass die tüchtigen Wissenschaft­ler einen neuen Kunststoff erfunden haben als Ersatz für das Zeug, aus dem bisher die Pappbecher hergestellt werden. Diese Meldung wurde als wissenschaftlicher Erfolg dargestellt. In Wahrheit bedeutet es doch nur, dass Pappbecher jetzt billiger und schneller hergestellt werden als bisher. Es bedeutet, dass unsere Welt weiterhin in Plastik ertrinkt, und unsere Trinksitten verkommen. Denn wenn es ein Indiz für die Primitivität unserer Gesellschaft gibt, so sind es die Blödiane, die mit dem Pappbecher in der Hand durch die Straßen spazieren, Sie nennen es coffee-to-go und halten es für eine schicke Mode. Dabei ist es nur angewandte Idiotie, wie man sie allenfalls bei schwachsinnigen Kindern erwartet, vergleichbar nur mit den Zeitgenossen, welche auf Schritt und Tritt eine Wasserflasche mit sich herumschleppen, damit die Firma Nestlé, der fast alle Mineralwasserquellen gehören, mehr und mehr verdient.
Übrigens werden all diese Unsitten zunehmen, wenn wir das Freihandelsabkommen mit den USA ratifizieren

6 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Dieter |

    Nun gibt es ja auch To-Go-Esser. Sie essen ihre Pizza vom Pappdeckel und die Pommes aus der Pappschale. Es geschieht heute unterwegs und zwischendurch.
    Appelle und Ratschläge sind vielen Menschen egal. Bei ihnen stößt gesundes Essen schlicht auf Desinteresse.

  2. Thomas Kröter |

    tja… und auf der nun „wochenmarkt“ getauften kochseite des zeitmagazins gilt schon das öffnen 2er dosen mit kirchererbsen als mitteilenswertes rezept. da soll man/frau nicht kulturpessimistisch werden.

  3. Juliane |

    Der Satz, welcher immer stimmt, lautet:
    ES GIBT KEINE HOFFNUNG!
    Aber davon reichlich, liebe Leser. Lasst uns daher hedonistisch unserer Freuden frönen, die da lauten: gutes Essen, guter Wein, Reisen ohne organisierte und desorganisierte Massen (siehe Strasbourg), Ziele kann man sich auch antizyklisch suchen und man wird nicht nur fündig, sondern auch reich belohnt. Allein der nicht existente Anblick der Lonely-Planet-Nerds oder Kegelclubs aus Wanne-Eickel tut gut!

  4. Hauptstädter |

    Unsitten??? Warum??? Wir Germanen haben Andersrassige industriell entsorgt, Weltkriege begonnen – immer verloren, arrogant nach Kaisers Motto „am deutschen Wesen wird die Welt genesen“. Wer hat die Zivilisation nach 45 wieder zwangseingeführt, die USA! Die gegenwärtige Kanzlerin lt. H. Kohl kann nicht „mit Messer und Gabel essen“.
    Schon aufgefallen, wir leben in amerikanischer Kultur. PC, Internet, Digitalisierung oder zurück in die Steinzeit.
    Übrigens wie schmeckt eigentlich Kaffee aus einem Pappbecher?

    • Adrian Magenbitter |

      Die Zusammenhänge zu postulieren: Klassische Tischsitten = Völkermord versus Pappbecher = Humanität ist logisch mehr als kühn! Wenn wir die von Herrn/Frau Hauptstädter erwähnten Schandtaten als „Germanen“ vollbracht haben, dann wissen wir auch gleich, woher das kommt, denn die Germanen waren im Gegensatz zu den Völkern der klassischen Antike Barbaren. Die Schandtäter haben sich auch stets auf das schwerterklirrende Germanentum berufen. Dass wir in Europa vor allem seit der Renaissance klassisch antike Ideen in Philospohie und Ästhetik rezipiert und weiterentwickelt haben, war ein wichtiger Faktor zur Entwicklung der europäischen Hochkultur, die die Schandtäter als „welsch überfeinert“ und „undeutsch“ verspottet haben.

      Dass die Amis uns Deutsche nach dem 2. Weltkrieg in der moralischen Stunde Null hochgepäppelt haben, ist ein unverdienter Glücksfall der Geschichte. Im Übrigen haben sie aber auch nicht ausschließlich Humanität in der Geschichte ihrer Existenz verbreitet: Zunächst haben sie aus Raffgier die Indianer plattgemacht, dann schwarze Sklaven importiert und unterdrückt – das Unterdrücken de facto tun sie bis heute, durch ihre Sheriffs und Richter. Und was sie dann nach dem 2. Weltkrieg aus machtmotivierter Dummheit alles an weltpolitischem Unheil mitangerichtet haben – Goethes Zauberlehrling nicht unähnlich – dies aufzuzählen, dazu reichen die Finger beider Hände wohl nicht mehr. Und in der Realität kommt im Gegensatz zur Poesie leider kein Hexenmeister, der ruft: „In die Ecke Besen!“. Das gepriesene Internet ist auch keiner, sondern nur eine neue Kommunikationsform und als solche wie alle Technik wertfrei, muss durch wie auch immer gearteten Geist erst gefüllt werden.

      Wenn wir dann darüber genug reflektiert haben sollten, greifen wir wieder in unser Schränklein und trinken getrost unseren Thee aus Tassen des 18.Jahrhunderts. Deswegen juckt uns nicht die Säbelspitze.

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