TIME

Frau HoffmannIn ihrer neuesten Ausgabe vom 18. November veröffentlichte das erschreckend abgemagerte TIME Magazin eine zehnseitige Strecke über die wichtigsten Köche der Welt. Dazu gehören Alex Atala aus Sâo Paulo, Vandana Shiva aus New Delhi, Michael Pollan, Thomas Keller und eine weitere Busladung Küchenchefs aus Californien, Asien und Australien – alles große Rührer am Herd und – ohne geht’s nun mal nicht – Philosophen, zu deren Erkenntnissen die Vorzüge der Windhühner gehören, sowie die Beobachtung, dass die Menschheit sich fett und glücklich frisst.

So wie damals Karl Marx den Fließbandarbeitern von Ford soziale Gerechtigkeit versprach, so revanchieren sich diese in TIME, indem sie deutsche und europäische Köche ignorierten. Zwar wird der Tscheche Redzepi wegen seiner Moosküche im Copenhagener Noma herausgestrichen, eine Ehre die sonst nur noch zwei Europäischen Köchen gewährt wird: Ferran Adria zusammen mit seinem Bruder Albert, und der Gemüsekocher mit der teuersten Vegetarier-Küche von Paris, Alain Passard. Es tummeln sich auf den Seiten von TIME noch ein paar Exoten, sowie fast alle wahlberechtigten Kalifornier. Das spricht nicht direkt für den kulinarischen Reichtum der Landschaft im Südwesten Amerikas, sondern eher dafür, dass es den amerikanischen Zeitungsverlegern noch schlech­ter geht als unseren Ehrenbürgern in Potsdam und an der Elbchaussee. Ein paar seriöse (und gut bezahlte) Journalisten wären vielleicht zu anderen Ergebnissen gekommen bei der Suche nach einflussreichen Kochkünstlern.

So aber ist eine Situation entstanden, die sich mit einem anderen Event vergleichen ließe, wenn zum Beispiel der Formel-1-Rennzirkus ohne deutsche Fahrer und ohne Motoren von Mercedes starten würde.

Auch der Fall der durch die bayerische Volksbefragung verweigerten Teilnahme an den Olympischen Spielen 2022 hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fehlen deutscher Köche in der Aufstellung des TIME Magazins. Zwar bevorzugen bayerische Dorfbewohner die urige Kneipe neben der Kirche, weil sie dort Rindsrouladen essen und Bier trinken können, wohingegen ein Abendessen im Gourmet-Restaurant die Kenntnis des richtigen Trinkgelds voraussetzt, was weder den Protestanten Lutherscher Prägung jemals beigebracht wurde, noch den säkularisierten Katholiken an der Wiege gesungen worden ist. Die alliierten Geheimdienste werden es jederzeit bestätigen können.

So bleibt unseren Köchen nur der Ruhm, zur Oberliga ihrer Branche zu gehören, ohne als weltbewegende Terroristen eingestuft zu werden. Ein Schicksal, das die ganze Nation mit ihnen teilt.

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  1. HPRM |

    Tja, so ist das leider, wenn man keine eigenen Akzente setzt, sondern nur die allgegenwärtige Gourmetküche mit Steinbutt, Jakbsmuscheln und Gänseleber imitiert…aber der eingeschlagene Weg ist richtig. Irgendwann gibt es dann hoffentlich auch eine deutsche Gourmetküche. Mahlzeit!

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