VOM FEINSTEN

Frau HoffmannKann man sich ein Hochglanzmagazin vorstellen, das nur Informationen über superteuere Luxuswagen vermittelt? Sich also ausschließlich mit Rolls Royce, Lamborghini, Aston Martin und dergleichen beschäftigt?

Ja, kann man. Derartige Publikationen sind nicht einmal eine Rarität. Die Liebhaber solcher Autos lesen so etwas; auch wenn sie sich solche Autos nie kaufen werden können. Sie sind einfach froh, sich endlich mal nicht über zu enge Fondsitze in der Mittelklasse sorgen zu müssen.

Dergleichen Publikationen gibt es auch für Feinschmecker. Das sind die Gourmetmagazine mit den Traumadressen, die sich die wenigsten leisten können bzw. wollen. (Kein Dreistern-Restaurant reißt ein solches Loch ins Bankkonto wie ein Ferrari. Anstatt dreimal in einem Schickeria-Treffpunkt, kann man auch einmal bei einen Superkoch essen.)

Bezeichnenderweise gibt es bei uns weitaus weniger Magazine für Luxusrestaurants als für Luxusautos. Eigentlich nur eins. Es heißt „Sternklasse“, und wird von der Essener Wirtin Ute Bühler herausgegeben („Residence“, 2 Sterne), die praktisch alle Texte selber schreibt. Ihr Kennzeichen ist die minutiöse Beschreibung von luxuriösen Einzelheiten wie das Ausspülen der Weingläser mit Wein und die Eleganz mit der das gemacht wird.

Man kann sicher sein, von Frau Bühler auch nicht mit dem Problem enger Fondsitze von der Frage abgelenkt zu werden, bei welcher Gelegenheit ein Kellner dem Gast eine neue Serviette bringt. Dagegen misst das Magazin der Frage nach der verwendeten Pfeffersorte nicht viel Bedeutung bei, wie auch stilistische Eigenarten der Küchenchefs weniger wichtig genommen werden als ihre Freundlichkeit. Es ist alles eine Frage des Geschmacks, auch wenn es sich um die nackten Beine der männlichen Sommergäste handelt, deren kurz behoster Anblick dem Magazin ein Graus ist. Zu Recht, wie ich meine. Eine billige Baumwollhose sieht in jedem Fall besser aus als behaarte Männerbeine. Vor allem in einer Umgebung, wo Kristall auf den Tischen steht und die Tapeten aus Seide sind. Im Cockpit eines 800 PS starken Wagens mag das anders sein. Aber das sind nun mal zwei Welten.

Das sehen manche Leser natürlich anders. So bittet eine Leserin die Redaktion, öfter mal Nicht-Sternrestaurants zu beschreiben. Dort läge im Service noch viel im Argen.

Zweifellos liegt es dort. Meterhoch. Ich hoffe jedoch, dass „Sternklasse“ kurze Hosen bei männlichen Gästen ebenso wenig toleriert wie Kellner, die sich über das gestrige Fußballspiel unterhalten, anstatt nach runter gerutschten Servietten Ausschau zu halten.

One Comment | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Martin Triebswetter |

    Sehr geehrte Barbara Siebeck, sehr geehrter Wolfram Siebeck,
    mit großem Vergnügen las ich Ihren Bericht von Amsterdam in der Zeit. Trotz dem dem anarchischem Treiben -oder gerade deshalb-der Fahrradfahrer macht er richtig Lust diese Stadt zu besuchen.
    Herzlichen Dank für diese geistreiche Geschichte
    Martin e Gabriele Triebswetter

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