EINE BAYERISCHE KARRIERE

Frau HoffmannIrgendjemand (einer von zigtausend) hat zur derzeitigen Situation gesagt, alles sei gut, weil es einen Neuanfang ermögliche. Dieser Schlaumeier bezog sich nicht auf das Steak in Vitro, diese sensationelle Erfindung, weil es sich dabei um künstliches Fleisch handelt, das in einer fernen Zukunft das Schlachten von Schweinchen, Kälbchen, Lämmchen und Täub­­chen unnötig machen wird. Er dachte vielmehr an die neu­en Politiker, die in der vergangenen Wahl abgewählt wor­den sind und durch Präsidentchen, Ministerchen, Sekretärchen, und Funktionärchen ersetzt werden.

Ich gestatte mir die Frage, was denn an den Neuen so neu ist, dass irgend einer der Zigtausend daran die Hoffnung knüpfen kann, es sei gut. Für ein CSU-Mitglied wäre das kein Wunder, weil die neue Bayerische Regierung ausschließlich aus CSUlern besteht. Aber nicht alle von ihnen frühstücken unterm Kruzifix; sie wollen demnächst sogar DIE LINKE wählen (wie zigtausend andere).

Dennoch werden weiterhin die vertrauten Gesichter von Herrn Seehofer und Frau Aigner in der ersten Reihe zu sehen sein. Das beruhigt jeden Bayern. Denn die sind nun mal ein ängstliches Volk. Man glaubt ja nicht, mit welchem Misstrauen sie in ihren Zelten das richtige Einschenken der Maßkrüge kontrollieren. Außerdem lieben sie Traditionen. Und die sind durch den Neuanfang, wie es fälschlicherweise heißt, garantiert.

Da ist dieser Ministerpräsident. Er war auch schon Agrar- und Verbraucherschutzminister, bundesweit. Das Amt gab ihm die Frau Merkel, ohne zu wissen, dass sie den Bayern nicht so leicht wieder los wird wie die anderen. Vor ihm hatte den Job Frau Künast inne. Die war von der Gegenseite, den Rot-Grünen, und die einzige Person, die nicht wusste, dass es einmal in Vitro genanntes Kunstfleisch geben würde, wodurch das Schlachten von Schweinchen, Kälbchen usw. überflüssig sein würde. Deshalb kümmerte sie sich noch sehr um eine tiergerechte Aufzucht unserer Sonntagsbraten. So verordnete sie den Hühnern größere Käfige und den Verbrauchern mehr Aufklärung über die Untaten der Fleisch­produzenten.

Aber kaum hatte Frau Merkel Herrn Seehofer als Verbraucherschutzminister eingesetzt, verzögerte er die tierfreundlichen Gesetze seiner Vorgängerin und machte ihnen schließ­­lich den Garaus. Dadurch wurde er zum Lieblingsminister der Agrarlobby.

Dann kam die Stunde, da er zum Häuptling der Bajuwaren avancierte und einen Nachfolger suchte. Den fand er in der Person von Frau Aigner, der er in einem Blitzkursus beibrachte, wie man Verbesserung für Schlachtvieh zwar verspricht, aber niemals einlöst. „Hörst du, Ilse: niemals!, sonst haben wir unsere Sponsoren am Hals!“ Und in seiner volks­tümlichen Art setzte er hinzu: „Unter unseren Wähler sind viele Leute mit empfindlichen Mägen, die hören es gern, wenn du eine Verringerung von Herbiziden ankündigst. Also kündige es ruhig an. Hüte dich aber vor der Einlösung solcher Dummheiten. Unsere Wähler, die Bauern, haben genau so empfindliche Mägen…“

„Ich weiß. Die Typen von der Pharmaindustrie auch. Waren gerade bei mir.“
„Und? Haben sie wenigstens eine saftige Parteispende in Aussicht gestellt?“

„Lieber Hostl, glaubst du etwa, ich lasse mich mit Versprechungen abspeisen? Die haben Cash bezahlt, wie das in Bayern üblich ist.“

Da war der bayerische Ministerpräsident so beeindruckt von ihrer Tüchtigkeit, dass er Ilse Aigner stante pede zur Superministerin ernannte und ihr die gesamte Wirtschaft seines weißblauen Staates zu Füßen legte.

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  1. Charles Milton Ling |

    Wäre lustig, wenn’s nicht wahr wäre. Danke.

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