AMI STAY HOME

Frau HoffmannNach den militärischen Katastrophen der letzten hundert Jahre, hat es auch eine zivile Katastrophe für uns Europäer gegeben. Sie wurde als The American Way of Life registriert und war nichts anderes als eine Kulturrevolution, für die haufenweise europäische Traditionen geopfert wurden. Einmal genügt, sollte man meinen.

Aber offenbar nicht allen. Unfähige Politiker und dubiose Geschäftemacher wollen mehr davon. Deshalb basteln sie emsig am Amerikanisch-Europäischen Handelsabkommen. Darunter haben wir die endgültige Aufgabe unserer Wertvorstellungen zu verstehen.

Das betrifft vor allem unsere europäische Identität, die allem misstraut, was der vernunftbegabte Mensch instinktiv verabscheut. Vieles an ihr scheint unzeitgemäß, geradezu veraltet. Dazu gehört der Widerstand gegen die Infantilisierung unserer Gesellschaft (sofern er noch nicht völlig erloschen ist), das Überfressen an überzuckerter Nahrung im Fast Food und, zwangsläufig, fettleibige Kinder.

Um bei diesem Punkt zu bleiben, für den sich erfahrungsgemäß alle interessieren: unsere Essgewohnheiten. Sie betreffen manipulierte Getreidesorten, Hormonbehandlungen bei Schlachtvieh und – geflügel, sowie alle landwirtschaftlichen Produkte, die sich genetisch und pharmazeutisch der Massenproduktion anpassen lassen.

Das alles verabscheuen wir aber nicht nur, es ist im Euroraum größtenteils sogar verboten. Das wiederum stört Amerika erheblich. Dort verdienen die Konzerne nämlich enorme Summen, an dem, was wir als Dreck bezeichnen. Im Einzelnen sind das die Wattebrötchen mit der Fleischeinlage und einem Dressing genannten Brei, welchen wir einstmals Soße nannten, als sich preisgekrönte Schriftsteller noch keine Gedanken über die Qualität des Essens machten.

Später waren es Kiloportionen Soft Ice, die wir literweise mit Limonaden runterspülen, als handele es sich um ein Diabetes-Förderpro­gramm.

Fast täglich werden wir über Untersuchungen aus wissenschaftlichen Labors informiert, wonach tausende von netten Tieren an Krankheiten krepieren, welche nach dem Verzehr von Produkten auftreten, die bei uns europaweit in der Nahrung verarbeitet würden, wenn der amerikanisch-deutsche Handelsvertrag in Kraft träte.

Auch wenn wir nicht extra danach gefragt werden

Das alles weckt unseren Zweifel am Nutzen eines deutsch-amerikanischen Handelsvertrages. Wir sehen auch nicht ein, dass unsere Gier nach den neuesten Playstationen und Softwareprogrammen sich der Sucht nach den neuesten Sneakers, Kaugummimarken und sonstigem Schnickschnack anschließen soll, wie es uns von amerikanischen Konsumenten vorgemacht wird.

Wir wollen überhaupt nicht so leben wie US-Bürger, deren Häuser beim ersten Windhauch über die Grenze des Nachbarstaates davonfliegen. Deshalb sind wir auch gegen den immensen Einfluss, den der geplante Handelsvertrag der amerikanischen Industrie einräumen würde. Die europäische Industrie hat sich bis jetzt ganz wacker auf dem Weltmarkt behauptet, wobei unser Individualismus keine kleine Rolle spielte. Und zwar ohne dass wir unsere Rebellen mit Drohnen abschießen, oder unsere Kinder zu Waffennarren erziehen. Selbst in ferne Bürgerkriege mischen wir uns nur ein, um unserer Rüstungsindustrie den dritten Listenplatz zu sichern.

Schließlich hatte Deutschland einen historischen Moment – es muss zwischen dem 11. November und dem 2. Dezember 1988 gewesen sein – da galt unser Land als pazifistisch!

Zugegeben, auf dem Mond sind wir noch nicht gelandet, und der Klettermaxe auf dem Mars trägt kein VW-Emblem. Auch auf Amok laufende Schüler haben wir kein Patent, noch auf Gen angereicherten Mais. Dafür halten wir die Rodung der Regenwälder für pure Idiotie, weil wir nicht daran glauben, dass die brutale Vernichtung der Natur der Menschheit in irgend einer Hinsicht zum Nutzen gereichen könnte.

Mit anderen Worten: wir glauben nicht daran, dass irgend etwas, das die Amerikaner sich ausdenken und uns vorschla­gen, der Menschheit nützen wird. Weil alles, was sie sich im letzten halben Jahrhundert ausgedacht haben, sich als größter Flop aller Zeiten erwies.

Das ist jedem Europäer bekannt, der täglich Zeitungen liest und andere Informationsquellen nutzt, die über das Niveau von BILD hinausgehen.

Wenn jetzt bekannt wird, wie sie hinter den Kulissen schon alles für das Inkrafttreten des Handelsvertrages vorbereiten, muss man ernsthaft am Verstand unserer schwarz-gelben Regierung zweifeln. Ihre Mitglieder sind entweder strohdumm, oder bösartig, oder bestochen.

5 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Martin I. |

    Auch einen Freund saftiger Polemik muss dieser Post übel aufstoßen. Böse Amis, gute Europäer? Das Idealbild, das Sie von Europa zeichnen, verfängt leider nicht. Dazu reicht ein Spaziergang durch eine deutsche Fußgängerzone. Ist die Trostlosigkeit, die sich da zur Schau stellt, wirklich „den Amerikanern“ anzulasten?

    Dann denke ich an die vielen kritischen und kreativen Stimmen zum American Way of Life, die aus den USA selbst kommen. Aus den Eliten von Kunst, Kultur und Wissenschaft, um die wir sie beneiden.

    Nein, Herr Siebeck, mit Schwarz-Weiß-Malerei kommen wir auch nicht weiter bei der Rettung der Welt.

    • oliver schuster |

      Martin, ich gebe Ihnen recht,dass schwarz/weiss- malerei fuer einen gebildeten menschen nicht unbedingt
      der ganz normale alltag sein sollte,aber fuer einen
      journalisten,noch dazu vom renommee eines Siebeck,
      eher schon wieder normal alltaeglich…
      unsere befreier(und ich neige eher nicht zu besatzer)
      hatten maenner mit cowboy-zigaretten,kinder mit strand-kaubonbons und fraeuleins mit struempfen eines
      konzerns (der gleizeitig duschgel und „kaesekuchen“
      vertrieb)“beschenkt“,und weltpolizist nur gespielt,wenn ihre wirtschaftsinteressen massiv betroffen waren: Kuba (zucker; die meisten limonaden
      sind zuckerwasser mit farbe)
      grenada (muskat;Sie duerfen nur einmal raten wer der
      einzige nutzniesser war als Reagan SOLDATEN schickte
      um campesinos,die fuer bessere arbeitsbedingungen
      und bessere bezahlung streikten ,ueber den haufen zu schiessen.beide INSELN liegen direkt vor der haustuer
      der USA.
      Frankreich selbst, als letztes dorf, dass noch widerstand leistet,erodiert immer mehr:
      zwar hat es noch fuer jeden tag einen anderen kaese,
      fuer jedes „lunch“ oder diner einen anderen wein,
      aber ihre einst so stolze septieme art besteht nur noch aus original franzoesisch gesprochenen ami-schmonzetten oder filmen die sich bewusst in einer
      niche verstecken; kein Cayatte, kein Malle ,kein
      Tavernier- oder gar “ la grande bouffe“.
      ich wuensche mir, dass Herr Siebeck weiterhin so polemisch auch die politik anprangert;
      denn es besteht durchaus ein zusammenhang zwischen
      essen und politik:
      Hitler(vegetarier),Goebbels(autos,motorboote ansonsten nur diaet und zyankali)
      dagegen Henri IV und ein sachsenkoenig der lieber
      befand die leute sollten ihren dreck alleine machen.

      MfG O$(oliver schuster)

  2. Jeeves |

    „zwischen dem 11. November und dem 2. Dezember 1988 gewesen sein“
    .
    Ist mir etwas entgangen oder ist’s nur ein Tippfehler und Sie meinten das Jahr 1989 (NEUNundachtzig) ?

  3. Juliane |

    Ja Herr Siebeck! Weiter so – die Polemik darf gerne sein. Liberalistische Einheitskacke müssen wir allerorten schon genug zur Kenntnis nehmen. Und zu Ihrer Beruhigung: die schwarzgelbe Regierung IST leider strohdumm, bösartig und bestochen. Aber das Volk will es ja nicht anders (oder doch?).

  4. Carsten |

    Herr Siebeck, Respekt! Ich sehe die Zukunft „in diesem unseren Lande“ auch gestört durch amerikanische Einflüsse. Es ist kaum noch zu kontrollieren und das Internet hat dabei nicht geholfen. Es wirft sich nur die Frage auf ob eine Kontrolle möglich ist, bzw. überhaupt gewünscht. Wir kennen genug Regime die das vormachen und auch dieser Stand der Dinge ist nicht erstrebenswert. Ich setze auf den Einzelbürger und dessen Verstand, auch wenn das wohl Wunschdenken ist.

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