DIE DAME MIT DEM KOFFER

Frau HoffmannMal wieder in Hamburg. Diesmal mit InterSky von Baden-Baden, ein Flug, der mir zwei neue Erfahrungen vermittelte. Einmal gab es vor dem Start die als Nerventest der Passagiere eingeführte Verzögerung wegen unerwartet notwendiger Reparatur. Darüber wird man zwar informiert („Nur noch 30 Minuten“), aber ob die Kaffeemaschine oder das Seitenruder kaputt ist, verrät man nicht. Das bewog eine Passagierin, den Bus, in dem wir geduldig neben der Propellermaschine warteten, nach 20 Minuten zu verlassen und energisch nach Ihrem Koffer zu rufen, da sie auf keinen Fall mit dieser Klapperkiste fliegen würde.

Ist das schon Abenteuer-Urlaub?

Mein zweites Erlebnis bestand aus einer Tüte Kartoffelchips, in die ich gegen meine Gewohnheit griff und mir zwei der knusperigen Scheiben in 6000 m Höhe in den Mund steckte. Es waren meine ersten Chips seit zirka 20 Jahren, und sie schmeckten fabelhaft. Sie stammten von „Aroma-Snacks“ aus Amtzell und waren laut Tütenaufdruck vom Bio-Bauern Gross­mann im Kessel Nr. 1 mit Meersalz in Sonnenblumenöl gebacken. Die nervenschwache Dame mit dem Koffer hatte ganz eindeutig etwas verpasst, was möglicherweise unter Chipsessern zum Alltag gehören mochte, für mich aber ein überraschendes Reiseerlebnis war.

Überrascht war ich auch von dem schockierenden Rückstand der Natur nach nur 80 Minuten Flug. Während hier am Oberrhein alle Bäume in Blüte standen, war Hamburg so grau und kahl wie ein totgekochtes Rinderfilet. Nicht einmal gierige Mö­ven bettelten im Hafen um Heringsbrötchen.

Unter diesen Umständen war es sinnlos, nach Bienen Ausschau zu halten. Trotzdem rief die Slow Food Bewegung alle Naturfreunde auf, von den Agrarministern zu fordern, Europas Bienen zu retten.

Ausgerechnet die Lobbyisten des italienischen Exportministeriums! Wenn es darum geht, italienischen Ziegenkäse populär zu machen oder Olivenöl aus der Toskana, haben sie gewiss ihre Verdienste. Aber gegen hartleibige Interessenvertreter der Pharmaindustrie nützen ihre Aufrufe so viel wie das Pfeifen im Walde gegen Mückenschwärme. Merke: Jede einzelne Maßnahme, die von der geforderten Frau Aigner (CSU) verkündet wird, hat rein populistische Bedeutung. Keine einzige Hoffnung, die sich der Verbraucher aufgrund amtlicher Ankündigung gemacht hat, ging in Erfüllung. Unser Agrarministerium ist praktisch ein Untermieter der Pharmaindustrie. Und die verlangt die rücksichtslose Ausbeutung der Restnatur, welche die Monokultis (früher Bauern genannt) übrig gelassen haben. Dass das nicht viel ist, weiß man seit Jahren. Und die Bienen wissen es auch.

Schreibe einen Kommentar