AN DER ANGEL

Frau HoffmannDrei Tage sind verstrichen, drei Tage, an denen wir fassungslos die Zeitungen durchblättert haben, ohne eine einzige Ekel-Meldung. Kein Lebensmittelskandal weit und breit, kein Schlachthof musste geschlossen werden und Ge­müse­importe landeten nicht tonnenweise auf dem Müll. Eine Goldene Zeit für Verbraucher? Liegt es am Papst, dem volks­tüm­lich-bescheidenen? Ist es die Belohnung für Zypern, wo unsere Fachleute dabei sind, den Inselstaat zu fleddern? Oder drückt sich hier die Paranoia aus, welche im Umkreis des südwestlichen Schlaraffenlands grassiert?
Es gibt nämlich keine Bio-Eier mehr im hiesigen EDEKA. Sie haben dort zwar eine lobenswert gut sortierte Bio-Abtei­lung. Aber seit Tagen keine Eier mehr im Angebot. „Weil die Kunden kei­ne Bio-Eier kaufen, führen wir zur Zeit auch keine,“ erklärt mir der Fachmann für den Einkauf.

Ich hab’s zuerst nicht begriffen. Dann aber fiel bei mir der Groschen: Weil Bio-Eier millionenfach mit falscher Ettikettierung entdeckt wurden, kaufen Kunden nur „ehrliche“ Eier, die alle Nach­teile haben, deretwegen sie früher Bio-Eier kauften. Klarer ausgedrückt, sie verhalten sich wie Katholiken, die aus der Kirche austreten, weil sie den Hausnamen des Papstes nicht behalten können.

An den wird man sich noch gewöhnen, dachte ich beruhigt – da kommt die SZ ins Haus. Und was sehe ich dort? Ein Liste mit all den Fischen, die wir zwar essen sollen, weil sie gesund sind, die wir aber nicht essen dürfen, weil sie nicht gesund sind, sondern so gut wie tot. Nämlich ausgestorben.

Beim Studium dieser Liste bewahrheitet sich wieder einmal die Feststellung „Alles was gut schmeckt ist ungesund.“ Essen darf der ökologisch korrekte Mensch nämlich allenfalls Karpfen und Wels, während die wirklich delikaten Fische, die ich sogar essen würde, wenn sie ungesunder wären als Eier mit gefälschtem Bio-Zertifikat, absolut tabu sind.

Ich muss sie hier wohl nicht im einzelnen aufführen, der Feinschmecker kennt sie, wie Georg Gänswein (wohin ist eigentlich Monsignore Gänswein verschwunden?) seine Kardinäle kennt: Steinbutte, Aal, Seewolf, Schwertfisch, Seezunge und dergleichen Leckerbissen, für die der Landbewohner schon mal einen längeren Umweg fährt, um z.B. einen geangelten Marlin im SUV zu transportieren.

Damit soll jetzt Schluss sein, verlangen die Leute von Green­peace, und muten uns Käfig-Forellen zu, X-mas-Karpfen und Donau-Welse. Nicht etwa, weil diese Viecher keine Gräten haben und deshalb ungefährlich sind. Merke: Ein Fisch ohne Gräten ist wie ein Fahrrad ohne Speichen. Das gleiche lässt sich vom Karpfen sagen, der nur einen saisonalen Auftritt hat wie die Weihnachtsgans und schon deshalb für eine ganzjährige Diät nicht in Frage kommt. Außerdem hat er mächtige Gräten, welche man auch ohne Vergrößerungsglas für stabile Kragenstäbchen halten könnte. Eines Tages, bei weiterer Kraftfutterzufuhr durch fütternde Tierfreunde, können sie die Stoßzähne der Elefanten ersetzen, was keine schlechte Lösung wäre. Es würde uns vom lästigen Mitgefühl befreien, das die wuchtigen Dickhäuter hervorrufen, wenn wir sehen, wie sie ihre tollpatschigen Kleinen in die Felder der Bauern schubsen, um dort alles zu zertrampeln, was sie nicht fressen können.

Muss ich betonen, dass wir ein ähnliches Problem mit unserem Rotwild haben? Diese beliebten Kleiderhaken in Allgäuer Landgaststätten haben Tuberkulose und stecken durch ihre lustige Husterei die ebenfalls dort oben weidenden Kühe an. Folgerichtig werden Kühe und Hirsche gemeinsam abgeschossen.

Aber Vorsicht bei der Zubereitung. Sollen sie ein schmackhaftes Gulasch ergeben, darf man sie nicht zusammen kochen. Diese Erkenntnis verdanken wir der Chinesischen Küche, deren Grundgesetz lautet: Hunde und Katzen nie in einen Topf. Um den Sinn dieser Regel zu verstehen, muss man sich nur die Grünen und die Schwarzen in einer Koalition vor­stellen.

Soweit so gut, könnte man jetzt sagen. Da erscheint die neueste Ausgabe der SZ mit der Meldung, dass die Menscheitsbeglücker dabei sind, Fisch in Vegetarier zu verwandeln. Bisher wurden Zuchtfische mit ihresgleichen gefüttert, mit Fischmehl. Man nennt das Kannibalismus: Mit viereinhalb bis sieben Millionen Tonnen pro Jahr. Das waren gestern noch Fische, die wir heute nicht mehr essen dürfen, weil sie aussterben.

Verwirrend das Ganze, nicht wahr? Eine Ähnlichkeit mit Zypern und der Rettung der Banken ist jedenfalls nicht beabsichtigt.

3 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Dieter |

    Wir brauchen besseres Essen. Wir kaufen keine Lebensmittel,
    sondern billige, tote Nahrung, die uns nur satt macht! Vor vielen Jahren, als es die
    hochmoderne Landwirtschaft noch nicht gab, wussten Menschen,
    wie ein Kotelett schmecken muss. Wir sollten unsere Essgewohnheiten ändern!

  2. Schorsch |

    Schlimmer noch als die fischgefütterten Fische sind die fischgefütterten Hühnereiproduktionstätten, die vornehmlich in den Niederlanden gackern müssen.

  3. Jeeves |

    Der Kommentar beim nächsten Text (Steinberg) funktioniert nicht!

    Ich wollte schreiben:
    „…der beste und folgenreichste Künstler des Jahrhunderts…“
    …ist natürlich Louis Armstrong.

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