ALAAF UND MEHR

Frau HoffmannWas für ein Tag! Ziemlich verkatert im Hotel Schloss Bensberg aufgewacht, weil wir mit der Genießer-Fraktion des Feinschmecker Magazins in Wisslers 3-Stern-Stube ein endloses Menü gegessen hatten, zugegeben nicht ganz bis zum Schlusspfiff, das überlasse ich gern den Nachteulen, die auch nach Mitternacht noch Gefallen an Bäckchen vom Wagyurind und gegrilltem Blumenkohl haben, und sich danach noch auf Hafermilch Panna Cotta und Topinambureis freuen können.

Dagegen war ich freudig überrascht, wie übersichtlich und eindeutig die einzelnen Gänge angerichtet waren, bei denen kein Aroma kunstvoll zum Zopf geflochten war und das Gemüse nicht beanspruchte, die Originalitätsstufe der Zeichnungen Saul Steinbergs zu erreichen.

Diesem amerikanischen Künstler hatte das Ludwig Museum der Stadt Köln eine historische Ausstellung gewidmet. Seit der Brüsseler Weltausstellung 1958 wurden die riesigen Tafeln mit dem Titel The Americans zum ersten Mal wieder öffentlich gezeigt. Die Arbeiten dieses Genies (wenn Sie mich fragen, der beste und folgenreichste Künstler des Jahrhunderts nach Picasso,), hatten mich total entmutigt, meine begonnene Karriere als Illustrator fortzusetzen: So gut wie er würde ich nie malen können. Also wurde ich Berufsesser. Wie gerechtfertigt meine Entscheidung war, bewiesen mir die ausgestellten Portraits, Masken und Impressionen des amerikanischen Lebens, die das Genie Steinberg uns hinterlassen hat. (Dass er im Kunsthandel keine große Rolle spielt, verdankt er seiner Popularität als Karikaturist für den New Yorker. Unter der unseligen Trennung zwischen E und U leiden nicht nur Musiker wie Ellington und Kochbuchautoren.)

Dass der Besucher aus der Provinz in Köln mit römischen Trümmern und entsprechenden Museen geradezu überfüttert wird, hat sich herumgesprochen. Verwöhnte Zungen vor allem sehen einem Besuch bei Moissonnier mit großen Erwartungen entgegen. Mit Recht. Denn dieses Bistro ist mit seinen zwei Michelin-Sternen ein Bijou der Genussklasse, vergleichbar einem Morgan plus 8 unter den Spassautos. Wer sich hier nicht wohlfühlt, sich nicht Stunden später noch die Lippen leckt, dem entgeht alles, was die Gourmetküche gestern ausmachte, heute bedeutet und morgen so verführerisch wirken wird wie gestern und heute. Sogar in Paris braucht ein Gastronom zwei Sterne, um mit dieser Kölner Adresse konkurrieren zu können, wobei ihm mit Sicherheit die Beiläufigkeit von Moisonnier in der Krefelder Straße fehlen wird,

Wenige Stunden später standen wir wieder in der Lobby des Bensberger Schlosshotels, in dem zum elften Mal der jährliche Wine Award des Feinschmeckers verliehen werden würde. Mit uns warteten an die vierhundert festlich gekleidete Gäste auf die Fanfaren des Beginns, welche wie jedes Jahr von Helmut Zerles kleiner Combo schmissig intoniert wurden. Nachdem danach Madeleine Jakits die Preisträger bekannt gegeben hatte, (wobei sie von Frank Plasberg und Anne Gesthuysen familiär unterstützt wurde) gaben Ulrich Tukur und seine Rhythm Boys den Takt an, und der war schlicht überwältigend. Seine italienische Version von „Tea for two“ (Tukur mit Akkordeon!) hatte den Swing, der dem NS-Feld­marschall fehlte. Bevor aber die hungrige Meute im Parkett sich auf die bereitstehenden Vorräte deutscher Spitzenwin­zer stürzte, die zwei Schlossetagen besetzt hatten, setzten die vereinigten Sterneköche der Althoff Hotels ihre Kleinküchen in Betrieb und gaben den Gästen Proben ihres Könnens. Das alles dauerte insgesamt bis in die frühen Morgenstunden.

Was für ein Tag!

One Comment | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Jeeves |

    Jetzt geht der Kommentar?
    Toll. Also:

    „…der beste und folgenreichste Künstler des Jahrhunderts…“
    …ist natürlich Louis Armstrong.

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