NICHT NUR FÜR RADFAHRER

Hat BW immer noch die meisten Sterne aller Bundesländer? Aber ja doch. Vor allem in der Kategorie der schlichten und trotzdem anspruchsvollen Kleinrestaurants wimmelt es geradezu am Oberrhein, sowie um Stuttgart herum wie auch in der Region Freiburg. Vielleicht ist Freiburg sogar deshalb die beliebteste deutsche Wohnstadt, weil man von dort mit dem Fahrrad mehr Feinschmeckerrestaurants erreicht als Geflügelmästereien mit dem SUV von Hannover.

Zudem gibt es in Freiburg eine ungeheure Menge Radfahrer. Die machen nicht nur den Autofahrern das Fahren schwer, sie beeinflussen auch die Statistiken über Besuche in Kleinrestaurants der schlichten Sorte. Weil Radfahrer das Schlichte bevorzugen: das schlichte Auto (nur 2 Räder), den schlichten Wein (Apfelsaft), die schlichte Wohnung (Parkbank) und die schlichte Wahrheit (sie klauen die Fahrräder ihrer Omas).

Nicht ganz so schlichte Restaurants haben einen Parkplatz für Autos, wie das „La Vigna“ in Laufen bei Sulzburg. Nach Meinung seiner Stammgäste ist La Vigna der beste Italiener weit und breit. Jedenfalls ist es ein sehr angenehmes Restaurant. Die Klarheit der Linien, die weißen Wände, die Zurückhaltung bei den Dekorationen, die kluge Anordnung der proper eingedeckten Tische, das alles macht auf den ersten Blick einen sympathischen Eindruck. Den zweiten macht die Frau des Hauses, Frau Esposito, welche ihrem Mann seit dreißig Jahren zur Seite steht. Ein Familienbetrieb, wie man sich ihn wünscht!
Natürlich steht im Zentrum die Küche des Hausherrn. Und er trumpfte gleich mit einem 1. Gang von unübertrefflicher Delikatesse auf: frische Steinpilze, in der Folie gegart, die alles in den Schatten stellten, was ich im Laufe des Sommers an Steinpilzen gegessen habe. So saftig und so aromatisch hätten sie in jedem hochbesternten Restaurant Aufsehen erregt. Dagegen hatten die weißen Trüffeln (made in China) zu den Pasta keine Chance

Das Hauptgericht, ein Steinbutt, lag in einer schön kräftigen aber keinesfalls derben Sauce; ihm selber hätte eine Prise Cayenne nicht geschadet. Perfekte Desserts und eine gut sortierte Weinkarte bestätigten den guten Ruf des Restaurants unter den Feinschmeckern der Region. Davon zeugte auch der gute Besuch am Mittag: ich bekam den letzten freien Tisch! Dieser Umstand ist besonders bemerkenswert, weil er im Gegensatz zum allgemeinen Trend in der Gastronomie steht, deren Gäste es sich nicht mehr leisten können oder wollen, die tägliche Arbeit einmal für ein kulinarisches Fest zu unterbrechen, wie es hier im La Vigna möglich ist. Im Sommer genießen die Gäste die Küche der Familie Esposito in einem hübschen, fast idyllischen Garten. (Sulzburg-Laufen, Wein­str. 38; T: 07634-8014, MO und DI geschl.)

Auch das Hotel „Adler“ in Oberprechtal gehört zu den Adressen, die sich Feinschmecker zurufen, wenn sie ein besonders lohnendes Haus gefunden haben. Dieses Wappentier in einem Nebental der Elz ist sogar ein Trouvaille. Ein Schmuck­stück von außen und innen. Hier findet man genau das, was sich der Fremde unter Schwarzwald vorstellt. (Und zusätzlich eine fast komplette Ausstellung des Elsässer Künstlers Raymond E. Waydelich) Die Familie Schäck hatte schon früher einen beliebten Forellenhof. Der Adler ist wie aus dem Heimatmuseum, mit Kachelofen, Holzdielen, Kunsttrophäen, und hinter dem Haus plätschert wieder ein Wildbach, aus dem der Patron und Küchenchef nach Bedarf frische Forellen angelt. Seine Spezialität sind denn auch Variationen des flinken Fischs, unter denen ein Teller mit Forellencarpaccio als elegante Variante hervorsticht. Aber im Grunde ist hier endlich die Küche des Schwarzwalds existent, wie man sie sich wünscht, aber selten findet. Die Speisekarte verzeichnet alles, was positiv mit schwarzwälder Folklore in Verbindung gebracht wird: Gemischte Edelfische, Hirschpfeffer, Rehrücken, Spätzle, Fasan, Gänseleberterrine, Apfelküchle, überbackene Kuckucksuhr und was sonst zur Regionalküche gehört. Nicht zu vergessen, Christoph Schäcks feuriges Ingwer/Chili-Sorbet, das er allerdings nicht zwischendurch, sondern erst am Ende des Menüs servieren sollte, weil es als „Trou d’Elzach“ den nachfolgenden Weinen keine Chance mehr lässt. Davon gibt es natürlich auch eine exzellente Auswahl, so dass der Gast hier gern die Gelegenheit benutzt, in den komfortablen Gästezimmern zu übernachten. („Schäcks Adler“, Elzach-Oberprechtal, T: 07682-1291; MO und DI geschl.)

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  1. MonsieurCB |

    Hach! Endlich spricht’s der Meister aus:
    Das Ingwer/Chili-Sorbet ist in der Tat ein Papillen-Killer erster Güte.
    Dafür war die 24er-Fête ein Chill-Knüller sondersgleichen.
    FEIERN KÖNNEN’S, Sandra und Christoph!
    Und das Team in Küche und Service ist einfach herzerwärmend.
    Der Adler ist wirklich ein Unikum: Oberprechtal sehen und (na ja, mit Abstand..)
    sterben!

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