KISS ME, KNAUSER

General Petraeus war gegen Ende seiner Laufbahn Chef des CIA. Dann hatte er ein Verhältnis mit einer sportlichen Dame und musste zurücktreten. So streng sind dort die Bräuche.

Die aufgebauschte Affäre erinnert mich daran, dass auch bei uns ein Verhältnis von der Öffentlichkeit als sehr wichtig angesehen wird. Es ist das Preis-Leistungsverhältnis. Vor allem im Bereich der avancierten Gastronomie wird es immer wieder zitiert. Eine absurde Methode.

Denn wie will man die Leistung eines Spitzenkochs bewerten, ganz gleich, welchen Preis er für seine Spezialitäten verlangt?
Für den Gelegenheitsgast, der monatelang dafür gespart hat, dass er bei dem berühmten Küchenchef ein kulinarisches Festessen genießen kann, spielt der Preis keine Rolle.

380 Euro für 30 Ess- und Teelöffel voll Spitzfindigkeiten? Das ist der Preis, den der Aficionado bedenkenlos zahlt. Dafür hat er ja gespart, darauf lange Zeit gewartet.

Der routinierte Gourmet, der alle Spitzenrestaurants kennt, zuckt ebenfalls nur geringschätzig mit den Schultern. Sein Konto ist zwar überzogen, neue Schulden sind zu erwarten. Aber das gehört zu seinem guten Leben wie der Spritverbrauch seines noch nicht bezahlten 8-Zylinders.

Für diese beiden Typen ist das Verhältnis, das der Preis mit der Leistung hat, so uninteressant wie das eines amerikanischen Generals mit einer Langstreckenläuferin.

Anders hingegen verhält sich der geplagte Steuerzahler und Aldikunde angesichts eines Preis-Leistungsverhältnisses. Da er gleichzeitig auch ein approbierter Schnäppchenjäger ist, hat er die Gewohnheit, jedes Verhältnis zu untersuchen. Und wehe, es ist kein von der Sparsamkeit abgesegnetes und von der Gewohnheit lizenziertes Verhältnis!, wehe, es

entspricht nicht den Erwartungen, die ein Schnäppchenjäger an den Preis einer Ware stellt!

Verächtlich schnaubend wird er dem Lokal den Rücken zudrehen und den gewohnten Weg zu McDonald einschlagen.

So vermehren sich die frustrierten Gäste, denen die Portionen zu klein sind, der Geschmack zu fade ist, und die Kellner sich nach ihrer Meinung arrogant benehmen. Eine dem Leistungsfanatiker gebotene Leistung muss für ihn preiswert sein, das heißt, sie darf seine gewohnten Ausgaben nicht überschreiten.

Deshalb ist es aussichtslos, seine Meinung über Leistungen der Gastronomie als Kriterium für ihre Qualität zu bewerten. Er besitzt keine Urteilskraft, nur ein Gefühl für ungenügende Leistungen. Und ungenügend sind sie immer, wenn ihr Preis einem General entspricht, der es mit einer Sportlerin treibt.

Einen solchen Zeitgenossen könnte man für den modernen, aufgeklärten Konsumenten halten.

Das ist er auch in der Welt des Supermarktes.

In der Feinschmecker-Gastronomie ist er jedoch fehl am Platz. Weil er dort nicht erkennen kann, ob es chinesische Trüffel sind, oder französische, die sein Nudelgericht so horrend verteuern. Ebenso wenig kann er eine Reihe neuseeländischer Koteletts von einer solchen von der Schwäbischen Alb unterscheiden.

Das ist so, als würde man einen mit seiner Geliebten knutschenden Vier-Sterne-General für einen Sergeanten halten

2 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Heinrich Bischoff |

    …und ohne Hosen und Jacke mit Sternen drauf gibt es auch vermutlich kein Unterscheidungsmerkmal zwischen General und Sergeant.

    Leider ist das bei Restaurant oft ebenso. Gleiches Gericht aber mit Sternen serviert doppelt so teuer.

  2. Dieter |

    Ja, es gibt sie noch, die Deutsche Plumps-Küche mit ihren panierten
    Schnitzeln, ihren langen, braunen Saucen, ihren verkochten Gemüse,
    ihren salzigen Dosensuppen und ihren wässerigen,sauren Salatsaucen.

    Gewiss gibt es viele Spitzenrestaurants, aber man sollte sich
    darüber nicht täuschen, wie schlecht man leider immer noch in den
    bürgerlichen Durchschnittsrestaurants isst.

    In vielen Gaststätten wird immer noch die Schreckensküche gereicht,
    die ohne Liebe, von gleichgültigen Köchen gemacht wird.

    Den meisten Gästen ist es egal. Was zählt, ist nur noch der
    Preis- und satt werden ist alles!

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