AUF DER BURG, WO SONST?

Die Frage, wo Siebeck isst, welche stereotyp über dieser Kolumne steht, ist in der letzten Zeit kaum beantwortet worden. Daraus zu schließen, ich sei in einen Hungerstreik getreten, ist ebenso falsch wie die Vermutung, ich wäre dem Vegetarismus beigetreten, was ja, wenn man den Genussaspekt in Rechnung stellt, einem Hungerstreik sehr ähnlich ist.

Nein, nichts dergleichen. Ich habe zu Hause gegessen, die übliche Schonkost, die weder den Magen noch das Portemonnaie belasten. Und da wir aus Mangel an Zeit keine Einkaufsreisen nach Strasbourg machen konnten, blieben wir ich auf das Angebot der deutschen Großmärkte angewiesen. Und bei aller Mühe, die sie sich geben, wie man anerkennend sagen muss, ist das dann doch etwas eintönig. Und deshalb nicht mitteilungswert.

Das sind unsere berühmten Wochenmärkte schon gar nicht. Gewiss, bunt und fotogen sind sie fast alle, der Markt am Freiburger Münster hat sogar ein landsweites Renommee. Aber nur für den Hobbyfotografen. Der Hobbykoch sucht vergebens nach Fisch, Fleisch und Geflügel. Er begnügt sich mit Körben voll frisch gewaschenem Gemüse, das er in gleicher Qualität auch in jedem Supermarkt kriegt.

Da half zum Tag der Deutschen Weinheit der Winzer Bernhard Huber aus Malterdingen sowie der Küchenchef des Adlers in Lahr-Reichenbach, Otto Fehrenbacher, für ein festliches Mittagessen. Sie hatten ein Dutzend hungriger Esser im Gefolge, die sich beides – gute Weine und eine professionelle Küche – bei Siebecks nicht entgehen lassen wollten. Und so drängten sie sich lachend und schluckend in meiner Küche im Parterre, schabten Spätzle ins siedende Wasser, sahen dem Chef beim Parieren von zwei Rehrücken zu, bestaunten die Längshalbierung der haricots verts, und hatten keine Scheu, Froschschenkel fachgemäß zurechtzuschneiden.

Ein erster Versuch mit Badischen Tapas stand auch auf dem Programm, und obwohl von Zeit zu Zeit ähnlich gut gelaunte Gruppen auf der Burg auftauchen, war die Fröhlichkeit der Esser nicht zu übertreffen.

Das lag mit Sicherheit auch an den Weinen, die Bernhard Huber mitgebracht hatte. In ganz wunderbarer Erinnerung habe ich seinen 2009er Chardonnay und eine 2001 Spät­burgunder Spätlese, die mir die Zeiten in Erinnerung rief, als wir Charmes Chambertin oder einen Beaune Clos de Mouche für die natürliche Begleitung eines guten Essens hielten. Das, sinnierten Barbara und ich, muss vor der ersten Krise gewesen sein. Und ich beschloss, vor der nächsten Krise noch ein Essen für Freunde der Innereien zu kochen: Aus meiner Kuttelküche.

 

3 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. oliver schuster |

    Ihr kollege Wolfgang Fassbender hat in seinem blog „nachgewuerzt „(nzz.ch)auf ein

    buch von Charlotte Birnbaum und Christa Naeher hingewiesen:“die innere reise“,

    eine empfehlung die Ihrer wuerdig gewesen waere.(blog 30.04.12)

  2. Charles Milton Ling |

    Ach ja. Ich bin auch alt genug, mich an Zeiten zu erinnern, da man sich (hin und wieder, in meinem Fall) große Weine als Begleiter feinen Essens leisten konnte.

  3. Thea |

    Ich freue mich schon auf Kuttelrezepte…

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