Man muss nur einige Tage verreisen, um bei der Rückkehr mit den erstaunlichsten Nachrichten konfrontiert zu werden. Da finde ich in meiner Lokalzeitung die vierspaltige Überschrift „Insektizide schaden den Bienen und Hummeln“.
Nicht etwa als Todesanzeige für die braven Honigsammler ins Blatt gesetzt, sondern als Neuigkeit für die Leser.
Ja, für wen drucken sie denn die Zeitung? Gibt es in unserem Land nur Ignoranten, die außer dem Fernsehprogramm ausschließlich Werbung für Billigflüge nach Mallorca lesen? Dass es die Chemiekonzerne sind, die den Bienen den Garaus machen und nicht der Heuschnupfen, wissen wir seit Jahren. (Beim letzten Bienensterben war die BASF die Ursache).
Wo immer in der Natur etwas kaputt geht, kann man damit rechnen, dass Chemikalien dafür verantwortlich sind. Jeder weiß es, der lesen kann oder sonst woher Nachrichten bezieht. Aber offenbar staunen immer noch große Teile der Bevölkerung mit offenem Mund, wenn man ihnen sagt, dass die Bauern unser Trinkwasser mit dem düngen, was ihre Schweine scheißen. Dass Hühner aus der Massentierhaltung für einen sensiblen Verbraucher ungenießbar sein müssten, können sie sich ebenso wenig vorstellen wie die Verschmutzung der Meere durch habgierige Ölkonzerne, Kreuzfahrtschiffe und Motorbötchen (letztere versauen unsere Seen).
Die Ahnungslosigkeit der Konsumenten ist so haarsträubend, dass sie noch am Morgen des Weltuntergangs Pläne für eine Urlaubsreise schmieden würden. Geschieht ihnen ganz Recht, wenn sie alle zusammen zur Hölle fahren.
Vor dem Hintergrund dieser deprimierenden Erkenntnis fügt sich das Zitat aus meiner Zeitung zum Ende der Harald Schmidt Show wie das sprichwörtliche Mosaiksteinchen. Denn zu lesen ist, dass „seine zynische Haltlosigkeit nicht mehr in die Zeit der Krisen und Wertedebatten“ passt.
Ob seine Show gut oder schlecht war, kann ich nicht beurteilen, ich habe sie zu selten gesehen. Aber dass „zynische Haltlosigkeit“ die einzige Haltung ist, mit der wir auf die oben beschriebenen Dinge reagieren können, wenn wir unsere intellektuelle Würde nicht verlieren wollen, begreift inzwischen kaum noch jemand. Ironie in Bild und Text verpuffen wirkungslos, Anspielungen auf altmodische Bildungsrelikte sind sind unerwünscht. Humor hat sich auf dem Niveau einer Samstag Abend Show abzuspielen.
Dass sich bei der Beliebtheit von Türken-Witzen, angesichts der Ahnungslosigkeit einer planmäßig verdummten Wählerschaft und der Unempfindlichkeit gegenüber ministerieller Ignoranz nur eine zynische Haltung als wirksames Überlebensmittel anbietet, ist den Kunden von Aldi und RTL nicht zu vermitteln.
Letztlich sind es dann die Besitzer von Schlecker und Müller Brot, die sich des Zynismus‘ bedienen, um ihre dubiosen Geschäftspraktiken in aller Öffentlichkeit als normale Finanzaktionen darzustellen.
Besäße Harald Schmidt die Chuzpe eines Christian Wulff, hatte er wie dieser einen Ehrensold verdient. Wäre er in der Lage, auf einen Schlag 1500 Angestellte zu entlassen, käme noch eine Sekretärin dazu. Und Kakerlaken hinterm Kühlschrank würden bei staatseigener Haltlosigkeit mit einem Dienstwagen belohnt. Doch so weit sind wir noch nicht. NOCH nicht.
Lesen Sie bitte mal meine 2 mails im Impressum? Danke!
Böse geschrieben – und mir von der Seele.