NILS HENKEL, LERBACH

Von Zeit zu Zeit muss der Mensch etwas Anständiges Essen, habe ich mir gesagt und mich mit einigen Freunden ins Schlosshotel Lerbach begeben.

Hinter dieser majestätischen Bezeichnung verbirgt sich eine Fortbewegung, deren Ende durch die Ankunft im ehemaligen Drei-Sterne-Restaurant bei Bergisch Gladbach mar­kiert wird. Obwohl ich meinen Führerschein soeben wiederbekommen hatte (das Blitzen der Radarfallen habe ich immer für wohlwollendes Blitzlichtgewitter der Paparazzi gehalten), wurde ich in einer S-Klasse angeliefert, da zum Essen des Nils Henkel Weine des Schweizer Spitzenwinzers Gantenbein (Bündner Herrschaft) getrunken werden sollten. Dessen Chardonnay und Pinot Noirs üben auf mich eine Anziehungskraft aus, die als ‚magisch‘ zu bezeichnen, nicht übertrieben ist.

Nils Henkel wiederum hat das Erbe von Dieter Müller angetreten, durfte aber dessen drei Sterne nur ein Jahr lang behalten. Dann kam das dicke Michelin Männchen und nahm einen davon wieder weg. Wieso und warum interessiert mich natürlich sehr.

Wir aßen insgesamt sechs Gänge, welche, neben den üblichen Freundlichkeiten vor- und nachher, vier unvergessliche Höhepunkte enthielten. Das waren die zentralen Bestandteile der einzelnen Gänge: Kabeljau, Jakobsmuschel, Taubenbrust und Lammrücken. Jedes einzelne Produkt ein Meisterwerk an handwerklicher Vollkommenheit, von unbarmherziger Reinheit und hinreißender Textur (wie die Anhänger der Niederrheinischen Schule sagen würden). Einfach grandios in Konsistenz und Geschmack.

Da stellte sich sofort die Frage, warum Nils Henkel den dritten Stern nicht behalten durfte.

Ich vermute, es waren die Apps, mit denen er seine Teller verzierte. Es waren die gleichen wie vor zwei Jahren. Kleine, bunte Gebilde wie Teile eines Kinderspiels (Halmapüppchen, Mühlesteine, Würfel etc) aus verschiedenen Materialien mühsam geformt. Zwar waren alle essbar, wahrscheinlich auch individuell gewürzt. Aber wer will schon die Applikationen essen, wenn daneben ein himmlisches Stück Kabeljau wartet oder ein Stück Taubenbrust von der Sor­te, die schon Noah Glück brachte?

Vielleicht versucht Henkel es einmal mit anderen Spielen (z.B. Fussball, Billard, Tennis, Diskus)?

Das Menü brachte mir noch eine weitere Erkenntnis. Dass nämlich ein deutscher Winzersekt von gleicher Qualität sein kann wie ein Champagner und sogar besser. Der edle Trank stammte vom Pfälzer Weingut Ökonomierat Rebholz, wo Hansjörg Rebholz sowieso den besten deutschen Chardonnay produziert, den ich kenne.

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