JAUCH & CO

Überrascht hat es wohl niemanden, aber verblüffend war es doch, dass das leidige Thema „Wir sind zu dick, wir ernäh­ren uns falsch. Sind wir dumme Konsumenten?“ an zwei Tagen hintereinander in den Öffentlich-Rechtlichen bei Jauch und bei Plasberg zur Sprache kam.
Die Doublette war keine Panne, da beide Talkshows ein Produkt des 1. Programms sind, deren Macher wohl wissen, welche Kost sie ihren Zuschauern vorsetzen müssen, um die Quote zu steigern. In Wirklichkeit unterschieden sich die beiden trotz der gleichen Themenwahl durch den Stil der Moderatoren: Bei Jauch ging es eher steif zu, man könnte sagen: seriöser, während bei Plasberg viel gelacht wurde und ein fast unterhaltsames Chaos herrschte.
In beiden Runden saß je ein hochkarätiger Vertreter der Konservativen, bei Jauch war es die Ministerin für den Verbraucherschutz Aigner von der CSU, während bei Plasberg ein Vertreter der Nahrungsmittelindustrie versuchte, sich der Vorwürfe der Verbraucher zu erwehren.
Beide hatten dabei wenig Glück. Frau Aigners Zornfalten über der Nase kamen nicht zur Ruhe, wenn die Politik ihrer Regierung angegriffen wurde. Auf den Vorwurf, die Ampelkennzeichnung von Lebensmittel durch Warnfarben auf der Packung zu verhindern, argumentierte sie unsicher und wenig überzeugend.
Überhaupt wurde an den beiden Lobbyisten klar, wie schwach die Argumente der Industrie sind, wenn sie mit einfachen Forderungen der Konsumenten konfrontiert werden, und wie verschwommen ihre Erklärungen zu den Ungereimtheiten bei den Inhaltsangaben von vorgefertigten Lebensmitteln sind.
Bei den Ungereimtheiten handelt es sich um die dreisten Lü­gen und Halblügen der Nahrungslobby, um Ausreden der Bauernlobby und die zynischen Vertröstungen der Politiker auf eine (nie eintretende) Reform der unbefriedigenden Zustände in der Welt der Supermärkte. Da konnte jeder mitreden, weil die Supermärkte unvermeidlich erscheinen.
In beiden Talkrunden sah es so aus, als sei Falschessen nur bei der einkommenschwachen Gesellschaftsschicht chronisch. Beide Moderatoren hatten eine Auswahl der allerbilligsten und scheußlichsten Produkte aufgebaut.
Dabei ist sicher, dass eine Mehrheit der Besserverdienenden sich ebenso davon ernährt wie die Unterschicht. Am Geld liegt es nicht, wenn man nicht verlangt, Akademiker müssten sich nur von getrüffelten Bressehühnern ernähren. Auch ein Hartz4-Berechtigter muss sich nicht überwiegend von Fast Food ernähren. Aber mit keinem Wort erwähnten die Diskutanten die Existenz von Bio-Märkten oder gar die fabelhaften Lebensmittelabteilungen großer Kaufhäuser, wo oft der schiere Luxus herrscht. Und gekauft wird.
Aber vor dem gern beifallspendenden Studiopublikum macht sich die Empörung über ein Brathähnchen für 1,95 EURO einfach besser, als der Hinweis, dass der Verzicht auf all den oberflächlichen Reise- und Unterhaltungskonsum auch ärmeren Familien den Genuss an natürlichen, nicht manipulierten Lebensmitteln ermöglichen würde. Doch das Thema ‚Verzicht‘ ist in einer Wohlstandsgesellschaft nicht angebracht, wenn hinterher die Einschaltquoten gezählt werden.

One Comment | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Arthurs Tochter |

    Hat diese Zeilen wirklich W.Siebeck selbst geschrieben? Es klingt weder wütend noch polemisch noch intelligent genug nach ihm selbst. Aber das nur so am Rande…

    Es ist doch so, dass in diesen unsäglichen Talkshows sowieso nur immer alle Beteiligten um sich selbst kreisen und mitnichten um die Problematik selbst, und keiner der Teilnehmenden auch nur einen winzig kleinen Anflug unternimmt, zum Ursprung der Problematik zurückzukehren. Nichts Neues also bei Plasberg und Co. und schon gar nicht an dieser Stelle. Schade eigentlich.
    Außerdem stehen mir die Talk-Shows (Shows! – man beachte!) sowieso bis obenhin, wo eine Alibifrau unter 5 Männer geladen wird. Aber auch das nur so ganz en passant…

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