Glückwünsche für Martin Donatsch

Vor einigen Tagen habe ich bei der Rückkehr von einem Murmeltieressen in Südtirol an dieser Stelle die ostschweizer Weine erwähnt, allen voran die Chardonnays und die Pinot noirs der Familie Donatsch. Jetzt erfahre ich, das Martin Donatsch, der jüngste der Dynastie, in Sierre (Wallis) zum zweiten Mal hintereinander zum „Champion du Monde de Pinot Noir“ gewählt wurde. Ich freue mich über seinen verdienten Erfolg, da ich Martin schon kannte, als er seiner Mutter noch in der Küche des „Ochsen“ in Malans  bei der Bündner Gerstensuppe half.
Glückwunsch, Martin! Ich freue mich aufs Wiedersehen.

Sollte ich hier die Neugier einer Hobbyköchin geweckt haben, so will ich nicht verschweigen, was es mit der Bündner Gerstensuppe auf sich hat. Sie ist für den hungrigen Wanderer gedacht, denn in Graubünden sind die Wege meistens steil und bieten eine fabelhafte Aussicht auf hohe Berge und ein tiefes Tal. Was wiederum den Hunger fördert. Und wonach hungert ein Wanderer im Gebirge? Kann sein: nach Jakobsmuscheln und Kaviar. Wahrscheinlich ist ihm aber eher nach einer deftigen Suppe zumute. Einer Suppe, der kein Suppenpulver zugrunde liegt, sondern eine kraftvolle Rindsbrühe mit einer Einlage, in der der Löffel steht. Wozu auch eine zerschnittene Kochwurst gehören kann.
Wie immer bei regionalen Spezialitäten, existieren davon unendlich viele Variationen, worüber ganze Nachbarsdörfer in Streit geraten können.
Deshalb maße ich mir nicht an, hier DAS Originalrezept für eine Bündner Gerstensuppe zu präsentieren. Es ist lediglich die Version, die Heidi Donatsch, Martins Mutter, ihren Gästen serviert. Wobei man berücksichtigen muss, dass die Bündner Herrschaft, wie die Region um Malans benannt wird, dem Wanderer keine atemberaubenden Hochtouren abverlangt, also Heidis Gäste auch nicht den „Ochsen“ stürmen wie ausgehungerte Berglöwen.

Hier sind die Zutaten, die im „Ochsen“ im Suppentopf landen, wenn das Resultat einen Wanderer für die nächsten zehn Kilometer stärken soll:
Zuerst werden Speck und Graupen zusammen leicht angeröstet und mit Weißwein abgelöscht. Dann kommt eine Brunoise dazu (das ist klein geschnittenes Suppengemüse), und das Ganze wird mit Bouillon aufgegossen. Gewürzt wird zünftig mit Abschnitten von Schinken, Knochen und Bündner Fleisch, sowie mit Lorbeerblatt. Damit der Kalorienverlust der Wanderer auch wirklich ausgeglichen wird, fügt Heidi Donatsch noch Geräuchertes hinzu, vorzugsweise Rippchen. Im Gebirge ist Sicherheit oberstes Gebot. Damit also keiner Ihrer Gäste beim Anblick der Dreitausender einen Schwächeanfall bekommt, kocht Heidi nebenbei noch weiße und braune Bohnen, bis sie gar sind. Die kommen noch zusätzlich in die Suppe. Natürlich wird die durstfördernd gesalzen und gepfeffert; so schmecken die Weine des Hauses doppelt gut.

Fehlende Mengenangaben in Rezepten sind immer ein Zeichen,
dass diese von routinierten Köchen geschrieben wurden. Wer nicht weiß, ob er für seine Familie 100 oder 1000 Gramm Graupen anrösten soll und wie viel Speck er dazu braucht, der sollte überlegen, ob er nicht vielleicht doch in einem Kochbuch nachschaut. Mengenangaben sind Gehhilfen für Lahme.

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