JA, STELLT SIE AN DEN PRANGER

Das Protestgeschrei ist nicht neu. Jedes Mal, wenn eine Regierung versucht, der Industrie das Schummeln zu erschweren – es geht hier um den Verbraucherschutz – flitzen die jeweiligen Lobbyisten aus ihrer Deckung und protestieren. Wenn der Einsatz von Kunstdünger bei gewissen Ackerfrüchten reduziert werden soll, schiebt die Chemische Industrie den Bauernverband vor, der dann planmäßig protestiert.
Als die Grünen mit in der Bundesregierung saßen, versuchten sie, die Käfighaltung bei Geflügel zu verbieten. Sofort drohten Hühnerzüchter, mit ihren 500.000 eingekerkerten Hennen ins Ausland zu ziehen. Sie konnten sich die Umzugskosten sparen, weil der nächste Minister, Horst Seehofer von der CSU, das Verbot wieder aufhob.
Deutsche Bauern wiederum schütteten Milch hektoliter- weise in den Gulli, als ihnen eine Milchpreissenkung vorgeschlagen wurde. Und derselbe Minister verweigerte einem Gesetzesvorschlag die Zustimmung, als es darum ging, die Produzenten von Gammelfleisch namhaft zu machen.
Nicht anders war es bei der Ablehnung von anderen (zaghaften) Versuchen, schuldige Firmen und Konzerne beim Namen zu nennen. Ob sie für Dioxin in den Eiern verantwortlich waren, für die Herstellung von Analogkäse oder für aus Fleischfetzen zusammen geklebten Schinken – jedes Mal wurde laut protestiert (oder leise hinter geschlossenen Türen Brüsseler Gourmet-Restaurants). Die Vorstände in der Nahrungsmittelindustrie möchten nicht bekannt werden als Erfinder von gesundheitsschädlichen Produkten und Hersteller von ekelerregendem Billigfraß. Also protestieren sie mit aller Macht gegen die Nennung ihrer Firmen.
Dazu benutzen sie das Wort ‚Pranger’, indem sie jammern, mit der Nennung ihrer Firmennamen würden sie an den Pranger gestellt.
Genau so ist es, und so soll es auch sein.
Denn an den Pranger gestellt wurden in den alten Zeiten Fälscher, Panscher, Betrüger, Hochstapler und all die Gauner, die ihre Mitmenschen übers Ohr hauten, indem sie ihnen schlechte Ware für gutes Geld andrehten.
Genau das ist es, weswegen wir die Halunken benennen wollen: um vor ihnen zu warnen, damit wir nicht auf ihre falschen Versprechungen reinfallen, mit denen sie ihre dubiosen Produkte auf uns Konsumenten loslassen.
Und wenn es nicht einzelne Firmen sind, die uns krank machen wollen, sondern unsere Regierung durch Ge- und Verbote dazu beiträgt, dass Großagrarier den Kleinbauern das Leben schwer machen, dass Schundproduzenten stärker subventioniert werden als Biobauern – wenn, mit einem Wort, Kleinbetriebe zur Aufgabe gezwungen werden, damit Massenproduzenten den Markt unter sich aufteilen können, dann ist es an uns Verbrauchern zu protestieren!
Zwar haben wir keine Lobby, die das lautstark oder diskret für uns erledigt; aber wir besitzen eine Macht, das ist der Boykott.
Am heftigsten schmerzt es die Schundproduzenten, wenn man mit dem Finger auf sie zeigt und „Panscher!“ ruft. Ob sie Massenzucht betreiben und mit der Schweinegülle die Äcker versauen, oder als Maisbauern mit Kunstdünger eine Algenpest auslösen; ob sie Analogkäse produzieren oder mit ebenfalls zusammen geklebtem Schinken  unser Essniveau noch weiter nach unten drücken – sie alle gehören an den Pranger, damit wir wissen, wessen Produkte wir in den Regalen der Supermärkte liegen lassen.
Denn ein Boykott ist das einzige Mittel, das gegen Schundproduzenten wirkt.

2 Comments | Hinterlasse einen Kommentar

  1. Werner |

    Allen Respekt Herr Siebeck,
    Worte der Wahrheit wirken! Aus Ihrem Mund dürfe dies nicht ungehört bleiben.
    Vielleicht wäre auch mal die Lage der Versorgung in den Krankenhäusern wert angesprochen zu werden. Gerade dort kommen ehrsamme Bürger immer weniger in den Genuss wertvoller Speisen – aufgrund von nationalen Sparmaßnahmen.
    – Die EU braucht Geld für Andere –
    Cook and kill hält Einzug! Das Aromen, je feiner desto wertvoller, Freude und Wirkung am lebenden, geistig existierenden Menschen manifestieren ist nicht anerkannt und vielleicht nichteinmal gewollt.
    Am Anfang war das Wort – und das Wort ist Fleisch (oder auch Gemüse) geworden.
    In diesem Sinne –
    Mit freundlicher Hochachtung

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