Mal hier gegessen, mal dort. Das heißt: in ordentlichen Gasthäusern, in netten Restaurants, bei lieben Freunden, und allesamt eine kurze Beschreibung wert, wenn – ja, wenn da nicht ein Essen gewesen wäre, das alle anderen in den Schatten stellte. Es war für mich – was angesichts der großzügigen Titulierung von Köchen und Gastronomie-Heroen nicht mehr ungewöhnlich klingen dürfte – das Essen des Jahrzehnts. Ein extrem genussvolles Essen mit einem spitzenmäßigen Service in einem nicht zu übertreffenden Ambiente; umgeben von glücklichen Feinschmeckern, am Ufer der Ill, mit dem Storch als Zeugen und Jean-Pierre Haeberlin als Gastgeber. Es fand an einem sonnigen Mittag statt in der „Auberge de l’Ill, bekocht hat mich und andere Glückspilze Marc Haeberlin, den Wein hat Serge Dubbs ausgesucht und eingeschenkt. Es war ein Sommer-Festspiel mit Virtuosen am Herd auf drei verschiedenen Bühnen. Mit einem Wort: ein kulinarisches Großereignis.
Der Aperitif wurde draußen auf den Terrassen mit dem unwahrscheinlich gepflegten Rasen serviert, eingerahmt von den typischen Weiden, die für Jean-Pierre ein zeitloses Motiv für seine duftigen Aquarelle bilden. Dorthin zog es uns wieder am Ende des Menüs, zu Expresso, Pralinen und Digestiv und der immer wieder geäußerten Versicherung, dass ein Essen nicht schöner sein kann.
Man kann es nicht anders sagen: Marc Haeberlin und sein Team sind auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Da fragt niemand, ob sein Stil den Ansprüchen der Avantgarde genügt, ob er den Weg in die Zukunft weist oder ob dies ein einmaliges, zufälliges Feuerwerk der Genüsse sei, dem beizuwohnen der Gast das Vergnügen hat.
Mein Vergnügen bestand aus 1.) der Pyramide aus bester salziger Butter, die mit einigen kleinen Brötchen für ein langes, lustvolles Schmausen gereicht hätte; 2.) die drei großen Scheiben terrine de foie gras, die so saftig und so aromatisch waren, dass ich nicht wüsste, wo ich je eine bessere Foie gras gegessen habe; 3.) die klassische Mousseline de Grenouille, ursprünglich eine Kreation des verstorbenen Vaters, Paul Haeberlin, welche von seinem Sohn Marc zu einer überirdisch delikaten Leckerei verfeinert wurde; 4.) der klassische Vacherin als voluminöses Dessert, das durch äußerst sensible Behandlung seiner Einzelteile der Traum jedes noch so gesättigten Essers sein muss.
Monat für Monat, wahrscheinlich sogar alle acht Tage, werden Listen veröffentlicht, wo die besten Restaurants der Welt aufgeführt werden. Zur Zeit führt ein Däne die Meute an, davor war es ein Spanier, morgen wird es ein Japaner sein, und irgendwann wird sich auch ein Deutscher den Goldenen Lorbeer aufs Haar drücken, und wir werden jubeln, jubeln, jubeln!
Gut so, kann ich nur sagen. Solange es bei ihm schmeckt wie in der Auberge de l’Ill im Elsass, wäre der Jubel auch gerechtfertigt.
Glückwunsch! Sie sind ein glücklicher Mensch. Ich wünsch‘ Ihnen noch viele solcher Besuche beim Haeberlin! Weiter so! Ich hab’s auch mal genossen!
Ich freue mich, daß das erste Restaurant, in dem ich erfuhr, was die Große Küche ist – das muß etwa 1975 gewesen sein – weiterhin groß ist. Wenn ich mich nicht irre, war Monsieur Dubs schon damals Sommelier, der uns unterkapitalisierten Studenten aus Freiburg zu einigen wahrlich schönen Weinen verhalf.
Seitdem war ich noch ein halbes Dutzend Mal in der Auberge, und meistens begeistert. Mein letzter Besuch liegt viel zu lange zurück!
Über das „nicht zu übertreffende Ambiente“ im Inneren kann man allerdings geteilter Meinung sein – seit den letzten Umbauten empfinde ich es stellenweise als stillos protzig bzw. einfach völlig daneben.
Ansonsten: Kompliment, Meister Siebeck, zu Ihren allgemeinpolitischen Weckrufen!
Ich kann mich nur anschließen, Haeberlin ist ganz klar eine Welt für sich, dicht gefolgt von Michel Lorain in Joigny, wie ich finde. Aber allein die Tardition der Auberge macht es jedes Mal zu einem besonderen Erlebnis!